Alice's Haus

Hier wohnt Alice mit ihrer Schwester und ihrer Mutter.

“Gar nicht mal schlecht für so einen Blondschopf.“ schmunzelte Nathan, als sie vor Alice' Haus angekommen waren. “23 im übrigen und du?“ Der junge Musiker warf seine Zigarette auf den Boden und trat sie aus, ehe er zur Haustür lief und pantomimisch dagegen trommelte. Lass mich hinein, du Monster, das das magische Getränk bewacht.“ rief er aus und stand dann, wie ein kleiner Junge, wippend von einem Fuß auf den anderen da und wartete, bis Alice ihm öffnen würde.
>>Ob die mich rein lässt? Oder an der Haustür abspeist?<< überlegte er kurz, verwarf den Gedanken dann jedoch sofort. War es wichtig? Wichtiger war das RedBull um ein Stückchen Heimat zu ihm zu bringen und das Gefühl, in ein schrecklich abgelegenes Dörfchen geraten zu sein, zu verdrängen. Ihm war ein wenig kalt, da die Sonne nun schon am Horizont versunken war. In Beverly Hills, wo er zuletzt gelebt hatte, waren die Temperaturen auch nachts deutlich angenehmer als hier.
Nun, man musste für ein gesundes Leben wohl oder übel einige Opfer erbringen. Und vielleicht kam er mal wieder dazu, Online-Shopping zu betreiben, dann würden die harten Winter auch nicht so schrecklich werden. Wobei Nate noch nicht einmal wusste, wie lange er hier leben würde. Er hatte noch kein einziges Pferd gesehen, Hund und Ratte waren bei der Familie und er vermisste sie unglaublich. Hatte seine Mutter ihm nicht versprochen, er könne hier wieder reiten?
“Gibt's hier eigentlich keine Pferde?“ fragte er daher unverblümt und völlig ohne Kontext. Nathan hatte seinen Gedankensprung selbst nicht wirklich wahr genommen, aber für andere Menschen musste dies überraschend kommen.

Sie grinste ihn frech an und stolzierte an ihm vorbei zur Haustür. ,,Tja siehste mal. Die blonde, holde Maid kann sogar gut schätzen..." sie schmunzelte in sich hinein und steckte dann den Schlüssel in das Schloss um die Haustür aufzuschließen.
,,Ich bin auch 23..." erwähnte sie kurz, ehe sie die Tür auf stieß und eintrat. ,,Komm mit, niemand ist zuhause, du musst also mit niemandem reden, wenn du das nicht willst..." Sie wusste wie hier die Leute ausgequetscht wurden, sobald sie neu in die Stadt kamen. Und nicht jedem gefiel so viel Aufmerksamkeit auf einmal. Und vor allem so viel Neugierde.

Verblüfft drehte sich Ali um und schaute ihn mit fragend, schiefgelegtem Kopf an. ,,Pferde? Doch die gibts hier in Masse. Aber die paar Ranches die es hier gibt, liegen etwas außerhalb. Nur wenn Markt ist, kommen die Händler hierher. Aber wie kommst du darauf? Braucht der edle Ritter noch ein Schlachtpferd?" Neckte sie ihn und blieb im Türrahmen stehen. ,,Oder kannst du wirklich reiten?" Hakte sie dann nach und machte ihm Platz, dass er eintreten konnte. Die hübsche, blonde musterte ihn eingehend, starrte jedoch nicht und lächelte leicht. Er sah nicht wirklich aus wie ein Reiter, aber wieso nicht? Wenn man ihn in Westernklamotten stopfte und neben ein Pferd stellte....ja wieso eigentlich nicht?

Nathan schüttelte den Kopf und lächelte. Alice war schlagfertig, ohne Frage... Er lief hinter ihr hinein in das Haus und blickte sich um. “Gar nicht mal so hinter dem Mond lebt ihr hier. Sogar fließendes Wasser und Strom scheint es zu geben.“ Langsam ermüdeten ihn die Witze, die er riss, doch über was konnte er sich sonst mit der blonden unterhalten? Er wusste nicht, wie sie tickte und hoffte inständig, sie möge ihn nicht über seine Vergangenheit ausquetschen. Noch immer war er verblüfft, dass sie ihn nicht erkannt hatte und doch erleichtert, obwohl es ihm auch einen kleinen Stich versetzte. Natürlich hatte er es genossen, von allen angehimmelt zu werden, es war ein gutes Gefühl. Jeder mochte ihn... oder seinen Ruhm.
“Ich hab' kein Problem mit anderen Leuten, wenn Du das jetzt denkst.“ beantwortete er ihre Einladung ins Haus. “Solange mich niemand angafft, wie ein Zootier.“ Er fiel hier auf, das war ihm bewusst, doch seinen Kleidungsstil nur deshalb zu verändern? Und in so einer kleinen Stadt kannte wahrscheinlich jeder jeden, da war es sowieso unmöglich, nicht als Fremder geoutet zu werden.

Als Alice Nate nun mit schief gelegtem Kopf betrachtete, schluckte der junge Musiker. >>Ein verdammt hübsches Ding steht hier vor dir und du hast Hemmungen?<< Ein ungewohntes Gefühl und doch gab es ihm Selbstbewusstsein. Das erste Mal, das er widerstehen konnte, bisher jedenfalls.
“Ja, natürlich. Jeder Ritter braucht einen treuen Gefährten, mit dem er in den Kampf ziehen kann. Ich bin früher geritten, habe dann jedoch pausiert und wollte nun, wo ich schon hier bin, wieder anfangen. Ich reite nicht mal schlecht, ob Du das glaubst, oder nicht.“ Nathan schloss die Tür hinter sich und lief den Flur entlang, blieb dann aber unschlüssig stehen. Er wollte nicht aufdringlich erscheinen, hatte die Schuhe und Jacke noch an. “Und kann das Burgfräulein auf einem Pferd sitzen bleiben?“ fragte er dann.

Alice nahm sein Kommentar über das Haus in Kenntnis, sagte aber nichts. Der Witz war platt getreten, so hinter dem Mond lebten sie jetzt auch nicht- naja, es gab zumindest schlimmere Dörfer hier in der Gegend. Ali schlüpfte aus ihrer Lederjacke und striff die Schuhe ab, wodurch sie gleich ein kleines Stückchen kleiner war, jedoch immer noch größer als die meisten hier.
Das hatte ihr auch bei der Misswahl geholfen. Die langen Beine.
,,Ja ich kann auch reiten- naja wer kann das hier nicht..?" sie grinste ihn schief an, ehe sie die Holztreppe empor stieg. ,,Komm, die RedBulls sind oben..." sie lief schnurstracks in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter Nate. ,,Machs dir bequem, die Getränke kommen sofort!" die blonde lächelte und schritt durch ihr Zimmer auf den kleinen Minikühlschrank zu, un die RedBulls raus zu holen.

Unsicher blickte sich Nathan nun in dem Zimmer der hübschen Blonden um, traute sich jedoch nicht einmal, sich Gedanken darüber zu machen, wie es hier aussah. Es war ihm im Grunde sowieso egal, im Moment konnte er nur auf den Hintern von Alice starren, da sie ihm den Rücken zu drehte. Er ging in lange, schlanke Beine über, die unendlich zu sein schienen. Der junge Mann musste zwei mal trocken schlucken, ehe er den Blick abwenden konnte.
Er ließ sich lässig auf das Bett der jungen Frau fallen “Hm welche Art von reiten meinst du?“ fragte er frech. Es war ihm bewusst, dass es ein dummer Kommentar war, doch im Moment konnte er sich eher schlecht beherrschen, bei so einem Anblick. Das erste Mädel, dass ihn mit in ihr Zimmer genommen hatte und nicht sofort an seine Wäsche gegangen war.
“Entschuldige, das war dumm von mir.“ korrigierte er sich deshalb schnell und versuchte vom Thema abzulenken. “Ich überlege mir, ob ich länger hier bleiben werde und dann ein Pferd zu mir holen soll. Ich würde es dann gerne auf eine der Ranches hier im Umkreis stellen.“
Hatte er gerade zu viel über sich verraten? Wobei, dies war schließlich belanglos. Aber die Aussage, dass er noch nicht wusste, wie lange er bleiben würde? Wieder spannte sich der junge Mann an, sein Blick wurde gehetzt und er wollte am liebsten sofort wieder verschwinden.
Er hätte es auch getan, wäre da nicht das junge, blonde Ding und das versprochene RedBull, das ihn so sehr an seine Heimat erinnerte.
“Besitzt du auch ein Pferd?“ fragte er deshalb, während er wartete. Hauptsache das Gespräch auf Small-Talk-Ebene halten, nicht an ihre Körperformen denken und nicht an seine Vergangenheit. Dann war alles gut, so konnte er es hier aushalten.

Sie drehte sich zu ihm um, als er die Bemerkung machte, auf was sie denn reiten würde. ,,Ich reite auf beidem sehr gut!" Konterte sie und warf ihm gekonnt ein RedBull zu, ehe sie sich selbst eins öffnete und zu ihm herüber kam.
,,Hattest du denn ursprünglich nicht vor, länger hier zu bleiben? Du besuchst hier sicher nur jemanden richtig? Wer zieht schon freiwillig hier her..." Gedankenverloren dachte sie darüber nach und setzte sich zu ihm aufs Bett ehe sie ihn wieder ansah. ,,Ja ich denke das wird möglich sein, eigentlich hat jede Ranch immer mal eine Box frei. Außerdem hat eine neue aufgemacht, die freut sich sicher über Zuwachs."
Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, an der ihr Bett stand und winkelte die Beine an, ehe sie an dem süßen Gebräu nippte. ,,Falls du noch Kaugummi, Eiskaffee oder so etwas brauchst, frag mich einfach, das bunkere ich im Geheimvorrat!" Kicherte sie und strich sich verlegen eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht.
Sie wusste eigentlich kaum etwas über ihn und schon saß er auf ihrem Bett. Was wusste sie schon? Seinen Namen. Gut, wenn er überhaupt Nathan hieß. Sein Alter. Wow der Hammer. Und das er reiten konnte. Na toll. Das würde der Polizei ja wahnsinnig weiter helfen falls sie gekidnappt wurde. Sie grinste verschmitzt vor sich hin, als sie den Gedanken fallen ließ und sich kurz streckte. ,,Also, erzähl mal ein wenig was über dich. Sonst rede ich so viel....und das würde dich auf die Dauer nerven..." Ali zwinkerte und grinste frech zu ihm herüber.

“Uh lala, na gut zu wissen...“ Er öffnete das Red Bull und nahm einige Schlucke. Ein leises Stöhnen entwich ihm, einfach ein herrliches Getränk. Dauernd hatte er es zu sich genommen, egal wo, die größte Dose hatte für zwanzig Minuten gereicht, dann brauchte er ein Neues. Die süße des Energy-Drinks überwältigte ihn, der Geruch nach Gummibärchen kroch in seine Nase und ließ ihn Lächeln. Genau so musste es schmecken, das war das Leben!
“Was schulde ich dir hierfür und kann ich noch ein paar mitnehmen?“ fragte er in völliger Entspannung und Zufriedenheit mit sich und der Welt. Vielleicht konnte man aus dieser Stadt ja doch das beste machen. Wie hieß sie noch mal? Dayton, oder so ähnlich...
Doch Alice' Frage ließ ihn wieder in die Realität zurück gleiten. Er war nicht hier auf Urlaubsreise oder sonst etwas. “Nein... ich weiß es nicht. Hatte mir kein bestimmtes Zeitlimit gesetzt. Besuchen wollte ich niemanden, einfach mal ein bisschen das Land kennen lernen.“ Die Ausrede kam stockend, obwohl er sie so oft geübt hatte. Doch wenn man dann real mit so etwas konfrontiert war, war die Situation noch einmal eine andere. “Weißt du, einfach mal die ganze USA kennen lernen. Aber hier gefällt es mir an sich gar nicht so schlecht, nachdem ihr auch was gescheites zu Trinken da habt.“ Er grinste schelmisch.
>>Hab' ich mich gut genug gerettet oder hat die Kleine was gerochen?<< fragte sich Nathan unsicher. “Also gut, dann schau ich vielleicht in den nächsten Tagen mal, vielleicht gibt es auch einfach eine Möglichkeit so mal zum Reiten zu kommen.“ Der Musiker zwinkerte Alice zu und lehnte sich rückwärts gegen die Wand, an der das Bett stand.
“Ich bin soweit dann bedient, das hier ...“ er hob die blau-silberne Dose “... ist das Einzige, was ich im Moment wirklich dringend gebraucht habe.“ Der Blick klebte anbetend an dem Getränk, doch nur für einen Augenblick, dann wanderte er schockiert zurück zu Alice. >>Scheiße<< war sein einziger Gedanke. Seine ganze ausgedachte Geschichte, die er so oft mit der Familie durchgegangen war, war wie verschwunden. Was sollte er tun? Schweigen? Ablenken? Das Mädchen war ja nicht blöd. Und zu lange durfte er nicht warten, sonst würde sie Verdacht schöpfen...
Er entschloss sich, zum Angriff über zu gehen. “Naja weißt du...“ begann er in scherzhaftem Ton. “Eigentlich bin ich ein Musiker, der sich vor der Öffentlichkeit versteckt und deshalb hier her gekommen ist.“ er lachte laut auf, versuchte so, seine Unsicherheit zu überspielen und hoffte inständig, dass sie es ebenfalls als Scherz aufnahm, bis ihm etwas anderes eingefallen war.
“Du hast meine Frage noch nicht beantwortet und mich nervt es auch sicherlich nicht, etwas mehr über dich zu erfahren... Hast du nun ein Pferd oder nicht?“

Alice nahm ebenfalls einen Schluck von dem süßen Getränk. ,,Klar nimm dir nochmal ein paar, aber du schuldest mir was. Ich komme nochmal darauf zurück, wenn ich ein paar starke Arme brauche!" Die blonde lächelte und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Erneut! Sie musste wohl bald mal wieder zum Friseur.

Als sie ihn nach dem Grund fragte wieso er hier her gekommen war, stockte er leicht und schien sich regelrecht was auszudenken. Hatte er sich nicht vorhin auch so benommen? Merkwürdig. Ali schaute ihn skeptisch an und setzte sich aufrechter hin. Irgendwas verbag er doch! Er war ja sichtlich nervös!
Sie nahm es vorerst so hin. ,,Ich ein Pferd? Ich arbeite in einem Supermarkt! Ich besitze kein Pferd.." Alice machte eine Pause und seufzte. ,,Mein Vater ist...vor kurzem gestorben und meiner Mutter geht es immer noch sehr schlecht. Sie leidet sehr darunter. Ich kümmere mich mehr oder weniger allein um den Laden..."
Sie schaute ihn verletzlich an und seufzte ehe sie weg sah und erneut seufzte.

“Du kannst auch eine andere Bezahlung haben, wenn du möchtest.“ Nathan grinste breit. Innerlich war er mehr als erleichtert, dass Alice wohl seine Ausrede geschluckt hatte und nicht mehr weiter fragte. Was hätte er ihr auch erzählen sollen? Vielleicht war es wirklich am Besten, er behauptete, dass es mit seinem Vater daheim Krach gegeben hätte und er möglichst weit weg wollte, aber bisher noch keinen Ort gefunden hatte, an dem er für längere Zeit bleiben konnte.
>>Dann hättest du vorhin nicht sagen dürfen, dass du die Stadt winzig findest und nicht leiden kannst, du Idiot<< Seine innere Stimme war kritisch wie immer, lachte ihn fast aus. Er musste sie endlich einmal loswerden. Dieses Moralapostel-Ding, das ihn behandelte, als wäre er der letzte Dreck. Die Stimme der Vernunft...
Nate erwischte sich dabei, als er wie gebannt die kurze Handbewegung Alice' verfolgte. Er wollte es nicht zugeben, doch es machte ihn fast an, wenn sie ihre widerspenstigen Haare zurück strich. Ein seltsamer Gedanke, da ihm ja schließlich normalerweise die Mädels hinter her rannten. Doch hier war alles anders. Hier nahmen junge Frauen einfach Kerle mit nach Hause... Ob das nicht unendlich Klatsch und Tratsch in diesem kleinen Städtchen gab? “Wird eigentlich niemand darüber reden, wenn ich hier bei dir bin? Ein mysteriöser Fremder in deinem Haus? So was spricht sich doch bei so wenig Einwohnern herum, oder?“ Er wollte nicht, dass die Blonde wegen ihm in Schwierigkeiten geriet.

“Das ist doch kein Grund. Ich kenne einige Leute, die sich trotzdem ein Pferd finanzieren. Zwei oder drei Jobs haben, nur durch ihre Liebe zu den Vierbeinern... Ich verstehe das, es sind faszinierende Tiere, auch wenn man mir vielleicht nicht unbedingt abnimmt, dass ich sie wirklich leiden kann.“ Der Dunkelhaarige wusste, dass er nicht wirklich der typische Reiter war, doch das war ihm egal... Jedoch so eine Seite an sich gegenüber einem Mädchen zu offenbaren, das er noch nicht lange kannte – etwas verlegen war er deswegen schon und strubbelte sich durch die ohnehin schon etwas verwuschelte Frisur, bis Alice fortfuhr.
“Oh, das tut mir wirklich leid. Das konnte ich nicht wissen...“ langsam wurde die Stimmung etwas verkrampft und als Alice ihn so anblickte, zog sich in dem jungen Mann alles zusammen. Er konnte keine hübschen Frauen traurig sehen, das erinnerte ihn an die Zurückweisungen die er erteilt hatte. Die Mädels, die sich mehr als einen One-Night-Stand erhofft hatten und die er morgens gnadenlos aus dem Haus gejagt hatte, hatten ähnlich drein geblickt. Er schluckte trocken und wartete ab....

,,Nein, das konntest du natürlich nicht wissen." Murmelte sie. Jeder hier kannte die Geschichte mit ihrem Vater. Für die Bewohner war es mittlerweile zur Normalität geworden. Sie war nun das Mädchen ohne Vater. Eine Familie ohne Mann im Haus. Alice seufzte und spielte verlegen mit ihren Händen. Normalerweise redete sie nicht über ihren Dad. Hier zuhause vermied sie es, um ihre Mutter nicht noch trauriger zu machen und ihre Freundinnen interessierten sich nicht wirklich für die Probleme anderer. Traurig eigentlich, aber Ali hatte sich daran gewöhnt.

Sie blickte hoch und rang sich zu einem sanften Lächeln durch, als sie ihn anschaute. ,,Naja sie würden wohl erst richtig tratschen, wenn du morgen in den selben Klamotten das Haus verlassen würdest..." sie kicherte und schüttelte leicht den Kopf, während sie ihre langen Beine auf dem Bett ausstreckte. ,,Aber jetzt...nein jetzt sind sie nur neugierig- du bist ja schließlich fremd und könntest gefährlich sein." Sie lachte und stupste ihn sanft mit dem Fuß an.

,,Haha ja nur das das Ort hier so klein ist. Wenn ich mehrere Jobs annehmen würde, hätten die anderen nichts mehr zu tun. Aber es stimmt natürlich was du sagst. Ich bin früher auf den Nachbarspferden geritten, aber die sind nun weg und ich hab mich auf den Laden und die Schule konzentriert." Zweiteres war bei ihr eine richtige Glanzleistung. Alice hatte sich noch nie viel aus Schule gemacht, doch in den letzten Monaten war sie richtig durch gestartet.
,,Ach eine andere Bezahlung? Hmh, woran hast du denn gedacht?" fragte sie gespielt unschuldig und grinste ihn kurz darauf ebenso frech an, wie er es getan hatte.

Nathan traute sich nicht, weiter auf die Vatergeschichte von Alice einzugehen, obwohl er gerne erfahren hätte, wie er ums Leben gekommen war. Er vermutete, dass das blonde Mädchen sich genug hatte anhören müssen, es wurde immerhin viel getratscht in Dayton, das hatte er bisher schon in Erfahrung bringen können, obwohl er noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden hier war.
Deshalb ging er dankbar auf das andere Thema ein, das sie angeschnitten hatte, oder war er es vorher gewesen – es spielte keine große Rolle, Hauptsache sie kam auf andere Gedanken...
“Da hast du auch wieder Recht, ich denke mal, du wirst dich damit schon länger auseinander gesetzt haben seit die Pferde deiner Nachbarn weg sind?! Aber die Zeit für ein Pferd wird für dich sicherlich auch noch kommen, vielleicht, wenn du dieses kleine Nest eines Tages verlassen wirst...“ Nachdenklich wiegte er den Kopf hin und her und versuchte, sich eine plausible Lösung oder Hilfe auszudenken. Er schätzte Alice nicht so ein, als dass sie gerne Almosen, auch wenn es eigentlich nur ein Gefallen war, annahm. Ob sie vielleicht sein Pferd mitreiten würde, wenn er sich doch eines kaufen sollte in den nächsten Wochen? Das wäre eine Möglichkeit, definitiv. Doch konnte er dann die Gesellschaft des Mädchens auf Ausritten nicht genießen... Nun, man würde schon noch eine Lösung finden. Es war zu schade, wenn so ein Traum nicht gelebt werden konnte, vor allem, da es mehr als genug Pferde hier zu geben schien, jedenfalls hatte die Blonde es ihm vorhin ja so oder so ähnlich versucht zu beschreiben.
Er entschloss sich, das Thema erst einmal ruhen zu lassen, bis ihm etwas eingefallen war und wandte sich dem anderen Gesprächsteil voll und ganz zu, der Nate ausnehmend gut gefiel.
“Oh weißt du, so eine Bezahlung könnte schon so enden, dass ich morgen früh in den gleichen Klamotten aus dem Haus gehe. Aber was würden dann nur die Nachbarn sagen. Ein Fremder aus der Stadt und das kleine Landmädchen? Das kann ich dir ja nicht antun.“
Herausfordernd blickte Nate unter seinen verwuschelten braunen Haaren hervor, die grünen Augen blitzten neckisch. War es zu viel des Guten gewesen? Andererseits gab Alice ihm ja auch genug Vorlagen für solche Sprüche und irgendwie hatte er es von Anfang an gespürt, dass noch etwas passieren könnte. Gut, er war weder blind noch asexuell, was man definitiv sein musste, um die Blonde nicht attraktiv zu finden. Endlos lange Beine, ein hübsches Gesicht, süße Sommersprossen um die Nase... wirklich hübsch.

Alice hörte Nathan aufmerksam zu und nickte leicht. ,,Ja klar, wenn ich die Stadt irgendwann verlassen sollte! Im Moment sieht es nicht so aus, aber mal abwarten, was sich so ergibt. Ich wollte vielleicht noch einen Abendkurs belegen und italienisch lernen. Mal gucken- du kannst ja mit lernen!" Sie grinste Nate wieder verschmitzt an und erwiderte gleich nach seinen Anspielungen ebenfalls etwas frech:,, Waas an sowas denkst du? Schande über dich! Ich Landmädchen muss doch auf meinen Ruf achten!"

Ali lachte auf und stand vom Bett auf um sich ein weiteres RedBull zu nehmen. ,,Willst du auch noch eins?" fragte sie und warf ihm ohne eine Antwort eine Dose aufs Bett. Sie glaubte ihn mittlerweile zumindest in dieser Sache soweit zu kennen, dass er niemals ein RedBull ablehnen würde. Für ihn schien ja beinahe eine Welt zusammen gebrochen sein, als er von ihr erfahren hatte, das es im Supermarkt keine RedBull gab. Aber wenn er sowieso im Internet Lebensmittel bestellen wollte, wieso war er dann mitgekommen?
Sie blickte zu ihm herüber. Das Bild was sich ihr bot ließ ihren Puls etwas schneller werden. Schlecht sah er ja nicht aus- im Gegenteil... Rasch drehte sie sich zu ihrer Stereoanlage herum und ordnete ein paar CDs neu. Konzentrier dich auf was anderes,Ali!Nicht auf den heißen Typ auf deinem Bett!

,,Welche Musik hörst du so?" fragte sie und kam nicht darum herum sich halb zu ihm herum zudrehen. Ihre Stimme klang klar, doch wenn man genau hinhörte konnte man eine bestimmte Spannung ausmachen.

“Hmm, italienisch? Ich steh eher auf französisch“ Immer mehr lenkte Nathan das Thema in eine bestimmte Richtung und doch war er dankbar, als Alice ihm noch eine Dose Red Bull zuwarf. Eine kleine Stärkung konnte man immer vertragen und dieses Zeug war einfach mehr als göttlich. Er lümmelte sich mittlerweile recht bequem auf dem Bett der Blonden, hatte die Füße weit ausgestreckt an denen schwarze Puma Sneakersocken steckten und den rechten Arm hinterm Kopf verschränkt, was seine Armmuskeln gut zum Ausdruck brachte. Eine offensichtliche Haltung, die der Dunkelhaarige jedoch völlig unbewusst eingenommen hatte.
Vor dem Fenster war die Sonne schon lange versunken, sie redeten nun seit etwas mehr als einer Stunde und vertrieben sich mit nur zwei Gesprächsthemen eigentlich relativ gut die Zeit. Wenn Alice nur nichts mehr über seine Vergangenheit wissen wollte.

Nate beobachtete das hübsche Mädchen, wie sie ihn anblickte und sich dann schnell weg drehte. >>Jaja, ich hab dich am Haken<< stellte er mit einem inneren Grinsen fest, nach außen hin tat er so, als ob er nichts bemerkt hätte. Es sollte ja nicht peinlich werden, wie es vorhin schon einmal kurz gewesen war. Sie stand also ebenfalls auf ihn, nicht schlecht, da konnte sich vielleicht noch etwas draus entwickeln, wenn nicht ihre Vernunft die Überhand nahm.
Wie verschämt sie sich gerade verhalten hatte... Seltsam fast schon. Normalerweise hatten Mädchen doch keine Hemmungen zu gucken, was ein Mann zu bieten hatte... Die, die er kennen gelernt hatte, jedenfalls nicht.

Als Alice nun die Frage auf seine Musikrichtung brachte, überlegte er kurz. Ahnte sie doch etwas? Sollte er sagen, dass er Punk-Rock mochte und dann legte sie vielleicht eine seiner CDs ein? War Radio ratsam? Nachdem was er vorhin im TV gesehen hatte, brauchte er nicht noch mehr Meldungen über seine Person, denn eins und eins zusammenzählen konnte die Blonde wohl noch. Dumm schien sie wirklich nicht zu sein. Er entschloss sich, nicht zu lügen, denn man merkte gerade bei Musik deutlich, ob sie ihm gefiel oder nicht, immerhin war es jahrelang sein Einkommen gewesen. “Meistens höre ich Punk-Rock, in Richtung Green Day oder auch Fall Out Boy, falls du so etwas kennst. Aber such du ruhig aus, was dir gefällt. Ich bin für vieles, aber nicht alles offen. Gangster-Rap und Schnulzen sind bei mir außen vor, das halt ich nicht aus. Überrasch mich einfach, du Landei.“ Damit brachte er das Thema zurück, das Alice versucht hatte abzuwenden.
“Übrigens, wenn du wüsstest, was ich schon die ganze Zeit denke... Du würdest mich raus werfen. Nicht nur Frauen haben ein Vorstellungsvermögen, wenn du verstehst was ich meine“ Jetzt fehlte nur noch der Paukenschlag. Das war ein knallharter Spruch gewesen, aber Nate wollte wissen, woran er war. Würde sie ihn raus werfen oder wieder einen Witz reißen. Er zwinkerte der Blonden zu, hoffentlich nahm sie so etwas nicht zu ernst.

Sie drehte sich ganz zu ihm herum und blickte ihn an, ehe sie leicht den Kopf schüttelte und sich wieder zu ihrer Stereoanlage herum drehte und leise lachte. ,,Französisch, was? Wieso wusste ich, dass du sowas sagst?!" sie lachte nochmal und schloss dann einfach ihren ipod an die Anlage und drückte auf Play. Nach einigen Sekunden lief Make me wanna die von The Pretty Reckless an und sie drehte sich wieder zu ihm um.

,,Hey, klar kenne ich Green Day! Musik kommt hier durchaus noch an. Stell dir vor- wir haben sogar Radio und Internet....meistens zumindest..."aber sie mochte fernsehen nicht unbedingt. Wieso zuhause rumsitzen, wenn draußen wunderbares Wetter ist? Und das Radio? Naja, das würde sie vielleicht mal öfters hören, wenn ihr Auto besseren Empfang hätte... Die blonde Kicherte und spielte wieder mit ihrem Haar, während sie langsam vor dem Bett stehen blieb und zu Nate hinab blickte. Ihr Blick fiehl auf seine Muskeln und sie biss sich leicht auf ihre Unterlippe. Bei seinem nächsten Spruch zog sie jedoch eine Augenbraue hoch.

,,Meinst du ,so bekommst du die Mädchen hier rum, Stadtjunge?" konterte sie dann und legte leicht den Kopf schief ehe sie wieder frech grinste. Wäre doch gelacht, wenn sie sich von ihm einschüchtern lassen würde. Ali legte eine ihrer Hände auf ihre Hüfte und strich sich langsam durch ihre Haare, während sie ihn immer noch anblickte. Wenn er glaubte, das sie so leicht zu haben war, hatte er sich geschnitten. Da musste er sich schon mehr ins Zeug legen.

[sorry, hatte wenig zeit ]

Nate blieb eine Weile stumm sitzen, als das Lied ertönte. Natürlich kannte er es, hatte er doch schon mit der Band zusammen gearbeitet. Unwillkürlich begann er mit dem Fuß im Takt zu wippen und sanft mit seinen Händen den Rhythmus auf die Oberschenkel zu klopfen. Beim Refrain konnte er schließlich nicht mehr an sich halten und sang mit leiser Stimme und doch gut hörbar mit:

Danach verstummte der Dunkelhaarige wieder und grinste breit. Musik fehlte ihm, er sehnte sich in diesem Moment nach seinem geliebten Bass, nach dem Keyboard, einem Mikrofon in der Hand und einer Menge, die zu seinen Füßen tobte und sang. Es war ein tolles Gefühl, wenn seine Musik bei anderen Leuten ankam, wenn man von ihr mitgerissen wurde. Wenn das Künstlerleben doch nur mehr positive und weniger Schattenseiten hätte...
“Oh, das hätte ich jetzt auch nicht erwartet. Warst du schon mal auf einem Konzert? Oder bist du überhaupt mal aus Dayton weg gekommen?“ fragte er dann interessiert und lenkte seine Gedanken zurück zu dem Gespräch, blickte dabei wie gebannt auf die wallende blonde Mähne, die Alice in den Fingern hin und her drehte, als sie auf ihn hinunter blickte. Nathan rutschte ein Stück zur Seite, um ihr Platz auf dem Bett zu machen, immerhin gehörte es ja dem Mädchen.

“Versuchen kann man es ja mal, oder? Du glaubst nicht bei wie vielen Mädels das wirkt.“ witzelte er und wurde dann wieder ernst. “Nein, das ist natürlich nicht wahr. Also wer auf so einen Spruch hereinfällt, der ist nicht wirklich intelligent oder hat es verdammt nötig. Dir gegenüber ist so etwas nicht angemessen, entschuldige.“ Er legte einen Dackelblick auf, den nur kleine Jungs sonst zeigten und zwinkerte ihr zu. “Aber jetzt mal im Ernst, dir ist klar, dass ich Interesse habe, oder? Und dass ich hier wohl erst verschwinden werde, wenn du mich raus wirfst oder dir eine Bezahlung für das Red Bull einfallen lässt. Ich schule dir einiges.“

Sie blieb vor ihm weiterhin stehen und blickte ihn erstaunt an, als er leise mitsang. Und er sang gut! Kurz war ihr, als ob sie ihn schonmal singen gehört hatte, aber das war natürlich völliger Quatsch! Wann hätte sie ihn denn singen hören sollen? ,,Du solltest wirklich Sänger werden!" meinte sie amüsiert und kletterte dann auf ihr Bett als er ihr Platz machte. Sie machte es sich wieder gemütlich und blickte Nate in die Augen.

,,Klar war ich schon auf einem Konzert! Und ich war sogar schon in einem anderen Bundesstaat!" sie kicherte und legte leicht den Kopf schief. ,,Und du? Wo warst du bis jetzt überall?" fragte Ali interessiert und zog ihre Beine wieder an sich ran. Sie hörte ihm aufmerksam zu und was er dann sagte ließ ihr Herz kurz hüpfen. Dann lächelte sie sanft. ,,Gut, dann bleib doch einfach hier!" wisperte sie und fesselte ihn regelrecht mit ihrem Blick. Sie mochte ihn. Ja das tat sie wirklich. Obwohl sie ihn gerade mal einen knappen Tag kannte fühlte sie sich sehr wohl in seiner Gegenwart.

Hey macht nichts, bist ja wieder da

>>Ja, ich sollte Sänger werden...<< Nathans Magen zog sich krampfhaft zusammen und er musste unwillkürlich einen Würgereflex unterdrücken. Jetzt hatte er eben so gute Laune gehabt, seine Gedanken waren völlig bei der Blonden gewesen. Aber die Vergangenheit konnte man nicht abschütteln. Vor allem, wenn sie so demonstrativ auf einem Silbertablett gereicht wurde. Taylor war eine großartige Sängerin und er hatte gerne mit ihr gearbeitet...
Er blickte aus den Augenwinkeln auf seine linke Seite, an der Alice nun Platz genommen hatte. Zu gerne hätte er jemanden gehabt, dem er von seinen Problemen erzählen konnte, aber dann würde sich die ganze Beziehung, das ungezwungene Miteinander, das sie nun hatten, komplett verändern. Niemand war unvoreingenommen gegenüber einem bekannten Menschen. Auch wenn er hier wirklich bisher Glück gehabt hatte. Sie schien ihn nun nicht einmal beim Singen erkannt zu haben – besser so! Doch wünschte er sich vielleicht insgeheim nicht sogar, dass ihr doch noch einfiel, wer er war? Seine Chancen, mit ihr ins Bett zu steigen, wären dadurch natürlich wesentlich einfacher. >>Halt! Du wolltest so etwas nicht mehr machen!<< schalt ihn eine ärgerliche Stimme in seinem Kopf. Sie hörte sich irgendwie nach seiner Schwester an – wie er sie vermisste. Er musste dringend mit ihr telefonieren und ihren Rat erbitten, wenn er nachher wieder in seiner Wohnung war.

“Oh, dann hab ich dich ja völlig unterschätzt.“ wandte er sich dem Gespräch wieder zu und schüttelte so seine miesen Gedanken ab. “Von welcher Band?“ hakte er dann nach. Mal sehen, was die Dame für einen Musikgeschmack sonst so hatte. Unverfänglich fuhr er fort. “Ich bin viel zum Reisen gekommen, war schon viel in Europa, auch mal in Japan oder China. Habe also die ganze Welt eigentlich gesehen, auch wenn ich noch so jung bin, das ist schon zu schaffen.“ er grinste. Nate wurde immer besser darin, nicht zu lügen und trotzdem nichts zu sagen. Denn er wollte hier nicht ein ganzes Leben auf Lügen basierend führen.

Als er ihr nun gestand, dass er nicht einfach so gehen würde, fesselte ihn Alice förmlich mit ihren Blicken und flüsterte ihm ins Ohr, dass er doch bleiben solle. War es eine Einladung? Sollte er sich einfach vorbeugen und der Blonden einen Kuss geben? Nate war unsicher und traute sich selbst nicht ganz. Vorsichtshalber blieb er genau so liegen und lächelte leicht zurück. “Dann bleib ich wohl noch eine Weile, bis du mich ziehen lässt.“ flüsterte er, genau so leise, zurück

,,Ach ich glaube nicht das du die Band kennst!" Alice lachte auf und schüttelte den Kopf, sodass ihr wieder einige blonden Haarsträhnen ins Gesicht fiehlen. Sie strich sie weg und schaute kurz auf ihre kleine Digitaluhr neben ihrem Bett. Ihre Schwester und ihre Mutter würden erst später heim kommen. Ali lehnte sich entspannt zurück und blickte ihn wieder an. Ihre Schwester bekam Nachhilfe in der Stadt, leider war diese sehr weit weg und sie mussten lange hin und zurück fahren- oder fand das Alice gerade toll? Ja sie fand es toll, da war sie sich sicher.

Sie zog ein Kissen an sich heran, um es sich im Bettbequemer zu machen. Sanft lächelte sie zu ihm hinauf und kicherte verspielt. Ali hob ihre zarte Hand und strich leicht über seinen muskulösen Oberarm. Leicht strich sie auf seinem Arm auf und ab und blickte ihm in die Augen.
,,Gut, denn so schnell werde ich dich nicht ziehen lassen..." sie zog die Augenbrauen hoch und lächelte charmant ehe sie leicht die Nase kräuselte. ,,Aber weißt du... ich fange schnell an mich zu langweilen..."

Mensch Ali, tust du hier das Richtige? Du kennst ihn doch erst einen Tag. Andererseits.. Die Blonde warf ihm einen kurzen, nachdenklichen Blick zu und öffnete leicht ihren Mund und blickte ihn erwartungsvoll an. Ja, was sollte schon passieren. Sie war sich sicher das er die Spielregeln kannte.

“Woher willst du das wissen? Ich bin musikmäßig relativ gut bewandert.“ konterte Nate und blickte das blonde Mädchen herausfordernd an. Ja, es war kaum zu glauben, aber er öffnete sich unbewusst immer mehr und gab auch solche Details preis. Gut, hiervon konnte man nicht unbedingt darauf schließen, woher er kam und doch, er lenkte Alice auf eine gewisse Fährte.

Als sie ihn dann berührte, begann in seinem Kopf eine reine Explosion von Erinnerungen. Es war wohl das falsche Thema gewesen, wieso hatten sie über Musik geredet? Eindrücke stürmten auf ihn ein, wieder die gleichen Bilder wie immer. Mädchen, die sich ihm zu Füßen warfen, ihn anbettelten, dass er sie doch mitnehmen solle. Doch immer waren sie ohne Gesichter, was Nathan irgendwie noch mehr verunsicherte, aber auch glücklicher machte. Wie wäre es wohl, wenn er sich zu den verzweifelten Stimmen noch Bilder ansehen musste?
Der junge Musiker kniff kurz die Augen zusammen. Nein, er war hier, in Dayton, mit Alice, auf ihrem Bett und sie hatte offensichtliches Interesse bekundet. Hier spielte die Musik und sie wusste nicht wer er war. Sie musste ihn um seinetwillen mögen, es gab keine andere Möglichkeit.

Nathan lächelte sanft und erwiderte Alice' Blick, während eine Gänsehaut über seinen Rücken kroch und es ihn innerlich unwillkürlich fröstelte. “Ich hätte da eine Ablenkung für dich.“ seine Stimme war rauchig und voller Gefühl. Er drehte den Kopf und betrachtete die halb geöffneten Lippen. Langsam näherte er sich, immer mit der Rechnung, dass sie einen Rückzieher machen würde und fasste Alice sanft an den Schultern. Dann drückte er seine Lippen sanft auf die ihren, zog sich jedoch sofort wieder in die ursprüngliche Position zurück, auf dem Bett neben ihr sitzend.

Sie nahm sein Kommentar, das er sich gut mit Musik auskannte nur am Rande wahr. Er war musikalisch, das hatte sie schon gemerkt. Und das schätzte sie insgeheim auch. Sie selbst liebte es zu singen und zu tanzen.
Aber sie glaubte nicht, das er die Band kannte. Ursprünglich war es eine Schülerbabd gewesen, doch die Jungs sahen gut aus und machten einigermaßen gute Musik, sodass sie regional besonders bei den Jugendlichen beliebt waren.

Aber jetzt wollte Ali nicht über Musik nach denken, oder wie der Name der Band gewesen war. Als er sie so sanft anschaute lächelte sie beinahe lieblich zurück. Ihr Herz klopfte etwas schneller. Erst Recht, als er ihr mit der rauchigen Stimme antworte und sanft küsste. Bei seiner vorherigen Flirterei war sie sogar etwas überrascht, das er sie so sanft küsste und sich gleich wieder zurück zog. Sie saß immer noch auf ihrem Bett und blickte ihn aufmerksam an, ehe sie sich wieder vorbeugte und ihn wieder küsste. Sie wusste, das sie gut küssen konnte, ohne dabei eingebildet zu sein. Zärtlich fuhr sie mit ihrer Hand über seine Brust nach oben und vergrub sie in seinen dunklen Haaren ehe sie ihn wieder küsste.

Nathan schloss die Augen und genoss die Küsse, die Alice ihm schenkte, in vollen Zügen. Sie küsste fantastisch und zum ersten mal seit langem spürte er, dass es dem Mädchen nicht um reinen Sex mit jemandem ging, der berühmt war um hinterher bei den Freundinnen angeben zu können. Langsam entspannte er sich auch innerlich, obwohl in seinem Hinterkopf immer noch die kleine Stimme saß, die ihm befahl, sofort zu verschwinden, sich auf sein Sofa zu werfen, Massen an Alkohol zu trinken, ein oder zwei Pillen einzuwerfen und dann ins Bett zu gehen.
Er tat es nicht. Er ignorierte dieses lästige Ding, dass sich alter Nate nannte. Er war hier, in einer Kleinstadt mit einem hübschen Mädchen, das ihn offensichtlich gut leiden konnte...

Der junge Mann war so abgeschweift, dass er unwillkürlich in die Realität zurück geholt wurde, wie es ihm öfter in letzter Zeit passierte. Es war etwas völlig Neues für ihn, seit langem jedenfalls, wieder in einer normalen Welt zu sein, nüchtern, ohne Drogen... Es verwirrte ihn irgendwie.
“Ich dachte du wolltest so etwas nicht machen?“ sagte er leise und blickte Alice an. Leicht fuhr er ihr durch die golden glänzenden Haare, lächelte und ließ die Hand dann sinken. Er durfte nichts zu schnell angehen. Er sollte sie eigentlich gar nicht anfassen. Es würde alles enden, wie immer. “Und ich sollte so etwas schon gar nicht tun.“ fügte er nach kurzem Zögern hinzu. Es war gefährlich... viel zu gefährlich!

Sie hielt ebenfalls inne und blickte ihn verwirrt, dann fragend an. ,,Ich wollte sowas hier machen... aber ich wollte es dann machen, wenn ich es von mir aus will und nicht dann, wenn du am Meisten mit mir flirtest!" sie blickte ihn selbstsicher an und beobachtete dann seine etwas nervösen Gesichtszüge.
Sanft strich sie ihm durch das dunkle Haar und legte den Kopf schief. Ihm kamen wohl die gleichen Zweifel, ob sie hier das Richtige taten. Anders konnte Ali sich nicht erklären, wieso er zögerte.

,,Woher der Sinneswandel?" fragte sie dann in die Stille hinein- die Musik wechselte gerade und im Hintergrund fing leise das nächste Lied an. Sie seufzte und lehnte sich etwas zurück, um ihn ganz angucken zu können. ,,Was ist denn los Nathan?" fragte sie ihn dann ruhig. Hatte nun beide Hände in seinem Nacken verschrenkt und wartete auf eine anständige Erklärung. Irgendetwas stimmte doch nicht! Das spürte Ali doch! Doch sie kam nicht dahinter was es war. Irgendetwas verheimlichte er ihr. Vielleicht irgendwo eine heimliche Freundin? Oder war er vielleicht Schwul? Vielleicht war er auch einfach nicht wirklich an ihr Interessiert, obwohl er vorhin anderes gesagt hatte....
Die ausgedachten Gründe bereiteten Alice Kopfzerbrechen und brachten sie trotzdem nicht zu einer Antwort. ,,Bitte Nate...!" bat sie deshalb und küsste ihn nochmal, diesmal leidenschaftlicher fast so, als wollte sie ihn dadurch zum Reden bringen. Sie brauchte Antworten!

Nate seufzte innerlich schwer. Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen, aber er wollte sie auch nicht belügen. Was also tun? Zwei Stimmen in seinem Kopf, das Engelchen und das Teufelchen stritten sich massiv. Die gute Seite wollte ihn dazu bewegen, die Wahrheit zu sagen, die Böse, sie zu belügen und endlich mit ihr zu schlafen. Doch war es nicht fast umgekehrt? Würde nicht die Wahrheit noch viel schneller dazu führen, dass sie mit ihm ins Bett ging?
Fragen über Fragen beutelten den jungen Mann, bis er die Augen zusammen kniff. Nun strömten erneut alle Erinnerungen über ihn: Konzerte, Drogenexzesse, unzählige Nächte in Krankenhäusern, Entzugskliniken. Alles verfolgte ihn. Am meisten noch die Tatsache, dass er vor einigen Stunden, als er den Fernseher eingeschaltet hatte, nur Bilder von sich selbst gesehen hatte und eine Meldung gekommen war, dass er sich wohl abgeseilt hatte.
War er nicht glücklich gewesen, dass ihn hier niemand kannte? Oder brauchte er gerade diese Tatsache? Die Anbetung der Mädels? Das Lob der Kritiker? War es zum Schluss wirklich noch um die Musik gegangen? Und was würde Alice dazu sagen?

Der Dunkelhaarige blickte das Mädchen, das sich auf dem Bett direkt neben ihm lümmelte, mit flammenden Augen an. “Du würdest die Geschichte nicht glauben und ich will sie auch nicht erzählen. Ich will dich nicht anlügen, aber die Wahrheit ist genau so ekelhaft wie eine Lüge. Und außerdem, was habe ich davon? Wenn ich dich anlüge, würdest du es spüren, ich bin darin nicht gut. Wenn ich die Wahrheit sage, rennst du entweder weg oder stürzt dich auf mich. Und wenn ich ehrlich bin habe ich vor beidem Angst. Ich mag dich, du bist die erste Person seit Langem, die mir normal begegnet, abgesehen von meiner Familie... er stockte kurz und versuchte seine Gedanken zu sortieren.
“Also such dir bitte aus, was du möchtest. Die Wahrheit, für die du mich entweder hassen oder lieben wirst oder eine angenehme Lüge, von der du wissen wirst, dass es eine ist. Oder ich erzähle dir nichts, dann wirst du aber auch nicht verstehen können... Und ich will, dass du verstehst, warum ich abschweife, warum ich nicht auf dich eingehen kann...“

Alice wartete geduldig, während er offenbar seine Gedanken zu ordnen schien. Nach den richtigen Worten suchte und abzuwägen schien, was er ihr nun erzählen sollte. Das blonde Mädchen strich sich wieder die Haarsträhnen aus dem Gesicht, was hatte sie auch anderes zu tun, und setzte sich in den Schneidersitz, blickte ihn immer noch abwartend aber aufmerksam an.

Als er nach einiger Zeit anfing zu reden lauschte sie seinen Worten, doch als er geendet hatte zog sie leicht, ja beinahe hilflos die Augenbrauen zusammen. Nachdenklich biss sie sich auf die Unterlippe und dachte nach, während sie ihm immer noch in die dunklen Augen blickte. Ali ließ seine Worte Revue passieren und wägte lange ab. Sie hatte den Sinn seiner Worte nicht verstanden. Wie meinte er es, dass sie ihn lieben oder hassen würde, wenn er die Wahrheit sagte? Was konnte er verbergen was ihre Meinung über ihn so extrem ändern würde? Alice war niemand der sich leicht lenken oder beeinflussen ließ, wenn sie es nicht wollte. ,,Ich...." fing sie an, machte jedoch erst eine Pause und ordnete ihre Gedanken, bevor sie fort fuhr. ,, Ich weiß nicht was ich darauf antworten soll, Nathan... Hättest du doch gar nichts gesagt..." Widerwillig blickte sie ihn an. ,,Ich weiß nicht was du verbirgst, was meine Meinung über dich so stark ändern könnte. Aber ich kann nicht mit einer Lüge leben, auch wenn sie angenehm wäre. es würde immer zwischen uns stehen..."
Sie griff nach seine Hand und blickte ihn ruhig an. ,,Ich mag dich Nate und ich möchte nicht, das Lügen zwischen uns stehen. Ich habe gemerkt, das du dich jedes Mal verkrampft hast, wenn du über dich geredet hast... fast so als müsstest du nachdenken was du von dir erzählst- und das möchte ich nicht! Ich möchte nicht das du dich verstellen musst....also...erzähle es mir..." Bat sie ihn und blickte ihn leicht nickend an.

Alice wusste nicht, was sie erwartete, noch ob sie gerade die richtige Entscheidung getroffen hatte. Doch sie würde es gleich erfahren. Und zugleich hoffte sie, dass sich nicht all zu viel zwischen ihnen ändern würde. Welch großes Geheimnis konnte ein junger Mann schon haben?