Die Küche (Erdgeschoss)

Eileen trat auf die Veranda und ging auf die Eingangstür zu. Dave war hinter ihr, und das Gefühl, dass er da war, ermutigte sie energisch zu klopfen. Miss Kerr sollte uns Schlüssel machen lassen oder die Klingel reparieren lassen., dachte sie bei sich.
Dann probierte sie die Klinke herunter zu drücken und – die Tür schwang nach innen auf. Habe ich sie offen gelassen? Innerlich zuckte sie die Achseln und trat in den Flur.
Die junge Frau trat beiseite und ließ auf Dave herein kommen. „Willkommen in meinem neuen Heim.“
Lächelnd betrachtete sie die Umgebung und dann schaute sie ihn wieder an. „Also, du hast mir noch nicht verraten, wo Du wohnst? Und klar, gerne nehme ich dich nachher mit.“ Ihr Lächeln vertiefte sich und sie sah ihn fragend an.

Er wohnte also ganz in ihrer Nähe, naja fast. Zwanzig Kilometer entfernt. Aber in einem Motel wohnte man doch nicht ewig. Höchstens eine kurze Zeit … das hieß aber, dass er sie bald wieder verlassen musste. Kurz schluckte sie, ihr Hals ist plötzlich ganz trocken geworden.
Plötzlich hatte sie das Verlangen ihn ganz genau zu betrachten, als müsste sie sich jedes Detail von ihm einprägen. Aber dann wandte sie das Gesicht einen Moment ab. Ein winzigen Moment. Er würde also wieder fort gehen.
„Ein Motel also ...“ flüsterte sie. Mehr ließ sie sich nicht anmerken. Aber dann hörte sie ihn nach seiner Chefin fragen. Da lächelte sie verschmitzt. „Ist nett, aber so wie es aussieht schon vergeben.“ Komm ich zeige sie dir.“

„Miss Kerr, Jake. Das ist Dave, er wollte euch gerne mal kennen lernen.“ Lächelnd trat sie neben Dave und schaute in die Runde. Kurz verweilte sie bei Jenny, glitt dann aber weiter zu den anderen beiden.

Eileen schaute zu Dave als er auf Amelié zu ging. Aber es störte sie nicht, ansonsten müsste sie sich wahrscheinlich ernsthafte Sorgen machen. Sie wollte es sich nicht eingestehen, aber Dave war immer noch ein Fremder. Aber darum umso anziehender.
Sie wollte ihn kennen lernen, aber war zu schnell. Sie würde sich vielleicht ein wenig zurück nehmen. Aber das würde sie nicht jetzt entscheiden, dass musste warten.
Ein kurzer Blick auf Jenny zeigte ihr, dass sie noch Wogen zu glätten hatte. Einmal tief durch atmend trat sie auf sie zu und lächelte scheu. Ein kleinen Stich fühlte Eileen immer noch. Aber sie ignorierte ihn. Die Frau hatte eine Chance verdient.

„Hallo, Jenny. Ich glaube ich muss mich bei ihnen entschuldigen. Ich glaube ich war eben nicht sehr freundlich zu ihnen. Es ist nur so …“ wie konnte sie das jetzt am Besten sagen? „Es ist nur so, dass ich sie mit jemandem verwechselt habe, den ich gerne wieder gesehen habe. Also ich wollte Dave wieder sehen ...“ was faselte sie sich denn jetzt da zusammen?

Kurz schaute sie zu Boden um sich zu sammeln, dann versuchte sie es erneut. „Sie waren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Nicht, dass sie dafür etwas könnten und deshalb möchte ich mich gerne entschuldigen. Ich hoffe mein Gefasel gerade hilft ihnen weiter.“ Grinsend schaute sie die junge Frau vor ihr an.
Eileen konnte so etwas noch nie gut, aber im Moment nahm sie es gelassen.
Hoffentlich tat Janina das auch. „Achso, entschuldigen Sie, ich habe mich noch nicht vor gestellt. Ich bin Eileen.“ Versöhnend reichte sie ihr die Hand.

Eileens Lächeln hatte sich vertieft als sie Jenny zuhörte. Eine nette junge Frau. Sie schien ihr, ihr blödes Benehmen vorher nicht übel zu nehmen. Fast wirkte es so, als ob sie etwas ahnte. War es so offensichtlich? Dann musste sie tatsächlich etwas ändern, aber war es denn so dramatisch jemandem zu zeigen, dass man jemanden gerne mochte? Sie wusste es nicht, und wenn sie ehrlich war, war es ihr so ziemlich egal. Lässig verschrenkte sie die Arme vor der Brust. Und schaute einmal kurz zu Dave. Er hatte sich lässig an die Theke gelehnt. Typisch! Soweit musste sie ihn schon kennen, dass sie das sagen konnte. Sie grinste ihn an und schüttelte einmal ironisch den Kopf, als würde sie sich über sein Verhalten schämen. Was sie nicht tat, denn es war ihr so lieber, als wenn alle verklemmt herum stehen würden. Lächelnd schaute sie wieder Jenny an.
Die junge Frau sagte etwas leise zu ihr und Eileen trat näher um sie besser verstehen zu können. „Ja, Dave ist nicht wegen der schönen Aussicht hier hoch gefahren, dass hat er mir gesagt.“ Ihre Stimme hatte einen ironischen Unterton angenommen. Aber dann schaute sie Jenny wieder ernst an. Auf ihre Frage hin musste sie grinsen. Gute Taktik! „ Ich muss sagen, dass ich mehr oder weniger zufällig hier gelandet bin. Ich habe in Reno eine Anzeige gefunden, und ich fand sie war interessant. Ich glaube ich habe auch etwas spontan reagiert, denn ich bin fast sofort los gefahren. Aber bis jetzt bereue ich meine Entscheidung überhaupt nicht! Und sie was machen Sie hier?“
Freundlich lächelnd wartete sie auf eine Antwort.

Eileen hörte Jenny schweigend zu, und lächlte dabei. Also auch ein Farmermädchen! Ich komm mir mit meinem Medizinstudium gerade voll langweilig vor. Als Jenny fertig war konnte Eileen wieder durch atmen. Sie redete ja unglaublich viel. Aber so etwas ist auch nur eine Eigenschaft. Und nichts Schlimmes, dass müsste ich doch am Besten wissen.
Sie dachte an die Leute zurück, die sie hier so skeptisch beäugt hatten.
Und wieder wanderte ihr Blick zu Dave, warum hatte er es nicht getan? Was empfand er wirklich für Sie? Also sie sah, dass er gerade nicht redete sondern raus schaute, musste sie lächeln.
Als ob er ihnen nicht zu hörte, dass konnte er jemand anderem erzählen. „Dave möchtest du nicht zu uns kommen? Es würde mich freuen und wir können meine Vorliebe, in normaler Lautstärke mit anderen Menschen zu reden, auch mit dir teilen.“ Grinsend schaute sie seinen Rücken, ihr war sehr wohl bewusst das sie einen ähnlichen Satz auch im Café gesagt hatte - und drehte sich dann wieder um zu Jenny. Sie zwinkerte ihr zu.

„Ja, diese Farm hat mich auch von ersten Moment an begeistert und ich glaube ich habe mich verliebt.“ Das ihre Antwort zweideutig war, nahm sie kaum war. „Wenn euch all so höre, dann wünschte ich hätte auch auf einer Farm gelebt.“ bei dem Gedanken, wie sie Behälter voll Wasser geschleppt hatte, verdüsterte sich kurz ihr Gesicht. „Pferde? Ich hege eine große Faszination für diese Tiere, und habe mich deshalb auch neben Rindern auf sie fokussiert. Ich bin nämlich Großtierärztin, müssen sie wissen.“ Das hatte sie Dave noch gar nicht erzählt. Tja, der würde Augen machen.

Eileen spürte, dass Dave herüber kam und dann stand er auch schon bei ihnen. So wie er da lehnte, musste sie sich schwer zusammen reißen um ihn normal an zusehen.
„Du auch? Ich komme mir gerade total langweilig vor. Ich habe meinen eigentlichen und schöneren Teil meiner Kindheit in Reno verbracht.“ Eine Stadt. Ironisch machte sie einen Schmollmund und schaute auf ihre verschränkten Arme.

Bei Dave's Interesse musste sie dann doch lachen. „Ja Dave, ich bin Tierärztin, ich seh vielleicht nicht danach aus, aber ich kann durchaus zu packen. Mach dir da Mal keine Sorgen.“, scherzte sie.
Nun war es raus, Eileen war nicht der Typ Mensch, der mit ihrem Studium prahlte.
Dafür hatte sie zuviel erlebt, als dass sie sich das erlauben konnte. Mit dem Gedanken an die anderen Studenten verzog sie das Gesicht mürrisch.

„Es war auch nicht einfach. Meine Mitstudenten fanden es ultra komisch einer Schwarzen Steine in den Weg zu legen, wo es nur ging. Als ob sie noch nie eine afrikanische Tierärztin gesehen haben ...“ Ein wenig traurig machte sie den Mund wieder zu.

Eileen lächelte, die beiden waren so lieb zu ihr. Janina, auf ihre mitfühlende Weise und Dave auf seine ironische, aber doch witzige Weise.
„Klar, es gab viele die schlechte waren als ich. Ich war jetzt nicht das Studiumsgenie, habe aber zu den drei Besten meines Jahrgangs gehört.“
Bei diesen Worten vertiefte sich ihr Lächeln – es war ein lustiger Anblick gewesen, all die verdatterten Gesichter. „Bitte regen Sie sich nicht auf, das lohnt sich nicht. Ich danke ihnen für ihr Mitgefühl, aber bei den Menschen ist es das nicht wert. Glauben Sie mir, ich durfte die Erfahrung machen. Es waren auch nicht alle schlecht, es war nur leider 90% meines Jahrgangs.“
Schulterzuckend drehte sie sich zu Dave um. Und wieder einer seiner ironischen, liebevollen Witze. Sie grinste. Als er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht schob, und sie dann wieder runter nahm, nahm sie diese in die Hand und drückte sie einmal sanft. Dann lies sie ihn wieder zurückweichen.

„Sie wollen auch studieren? Das ist eine große Entscheidung, dass können sie mir glauben. Aber es bringt auch viele wunderschöne Erfahrungen mit. Auch wenn ich das jetzt mit meinen Mitmenschen nicht machen konnte.“ Irgendwie war sie in dieser Situation total gelassen, aber was half es auch wenn sie sich Jahre darüber aufregte, wenn sie die Menschen eh nie wieder sah. Gerade wenn sie hier anfing. Dann sah sie einmal auf die Uhr und schaute wieder auf. Es war bereits zwei Uhr.
Sie musste los, wenn sie heute noch was einkaufen wollte. Schnell suchte sie die Küche ab und fand schließlich den Einkaufszettel. Im nächsten Moment drehte Eileen sich noch einmal um und lächelte entschuldigend.
„Ich muss jetzt los, in die Stadt. Es war mir ein Vergnügen sie kennen lernen zu dürfen, Jenny. Und nochmals, Entschuldigung wegen vor hin, ich hab mich benommen wie ein durchgeknallter Teenie. Und vielen Dank, dass sie Dave mit hoch genommen haben, den Dienst werde ich ihnen nun abnehmen.“

Noch einmal grinste sie verschmitzt und stupste Dave leicht in die Seite, damit er sich aufrichtete. Dann ging die junge Frau nochmals zu Janina und schüttelte ihr kurz die Hand. „Wir werden uns morgen ja schon wieder sehen.“ Grinsend ging sie aus dem Raum.